Und immer wieder Liebe Roman by Paola Calvetti

Und immer wieder Liebe Roman by Paola Calvetti

Autor:Paola Calvetti
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBooks
veröffentlicht: 2010-04-29T04:00:00+00:00


Es ist ein vorfrühlingshafter Morgen. Es sollte »der« Morgen werden. Ein Mann um die dreißig (es könnten auch fünfunddreißig sein, wenn er sich gut gehalten hat) läuft in Drillichjacke und Samtjeans zwischen den Büchern herum, als wären es Bäume in einem Wald, in dem er Verstecken spielt. Er ist groß, sportlich, hat braune Locken und den Anflug eines Barts auf den Wangen. Die Armelbündchen sind abgewetzt. Er trägt einen Shetland-Pullover, einen orangefarbenen Schal aus Yakwolle, und seinem Blick scheint jeder Gedanke an Wettbewerb fremd zu sein. Vor dem Tisch mit den »Unabänderlichen Schicksalen« bleibt er stehen und überfliegt den Klappentext von Die Clique von Mary McCarthy. Seine Finger sind lang, und die Nagelhaut an den runden Fingernägeln ist leicht gerötet. Am Handgelenk trägt er eine Plastikuhr. Alles in allem vermittelt er einen stimmigen Gesamteindruck. Es ist nicht meine Art, die Kunden zu unterbrechen, ich ermuntere sie vielmehr mit einem Kopfnicken, sage etwas in der Richtung wie »Willkommen, fühlen Sie sich wie zu Hause, und falls Sie Fragen haben, fragen Sie ruhig«. Dafür ernte ich fast immer ein Lächeln. Der junge Mann hat ein entwaffnendes Lächeln: naiv, sanft und gleichzeitig ein wenig verschmitzt. Ich bin mir sicher, dass ich ihn noch nie gesehen habe, und doch werde ich das Gefühl nicht los, ihn zu kennen. Ich könnte ihn ansprechen und ihm sagen, dass das, was er da in Händen hält, ein Frauenroman ist, noch dazu einer aus den Sechzigern, als er mit Sicherheit noch gar nicht geboren war, und dass ich mich nicht an das Ende erinnere. Er würde denken, dass ich kleinkariert bin, dass es überhaupt keine Frauen- oder Männerromane gibt und dass ich mich sowieso nicht in anderer Leute Angelegenheiten einmischen sollte. Jetzt lehnt er sich an die Wand, irgendwie gedankenverloren, und richtet den Blick nach oben. Aus der Art, wie er sich bewegt, schließe ich, dass er die Anordnung der Titel kennt. Wie ein Pilzsammler läuft er an den Regalen vorbei, betrachtet kurz das Schild TIERE SIND WILLKOMMEN und lächelt wieder sein schönes Lächeln. Er ist der Typ »Kunde als Komplize«, »Kunde als Bruder«, der »unermüdliche Leser«, der das Niveau der italienischen Leser, diesen Eseln unter den europäischen Lesern, hebt. Er kommt auf mich zu und spricht mich direkt an.

»Guten Tag, Emma. Wie geht es Ihnen?«, sagt er und streckt die Hand aus.

»Kennen wir uns?«

Ich erwidere seinen Handschlag und schaue ihn an. In den Tiefen meines Herzens bin ich mir absolut sicher, dass ich einmal mehr eine ganz besonders schlechte Figur mache mit meinen Gedächtnislücken. Möglicherweise ist er der Sohn einer Freundin, und ich habe ihn nicht wiedererkannt.

»Jeder kennt doch Lust&Liebe. Ich heiße Manuele, sehr erfreut. Ich wollte das Buch abholen, das ich vor einer Woche bestellt habe.«

»Ah, Manuele, natürlich. Das ist sicher schon gekommen, normalerweise liefern die Verlage immer innerhalb von drei Werktagen. Aliiiceee, hier ist jemand für dich.«

Die Tür zum Lager öffnet sich, eine frische Brise scheint aufzukommen. Alice schreitet im Zeitlupentempo an den Regalen entlang, und er geht ihr instinktiv entgegen. Es ist wie in



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